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Civic Coding auf der re:publica 24 - Civic Coding – Innovationsnetz KI für das Gemeinwohl

Panel-Diskussionen, Talks, Pitches und Vernetzung – unser Programm auf der re:publica 2024 war vielfältig! Am 28. Mai drehte sich auf der Civic Coding-Bühne einen ganzen Tag lang alles um KI und Gemeinwohl.

Technologie kann bei der Lösung vielfältiger Probleme unterstützen – und Menschen aus der Zivilgesellschaft wissen aus ihren Lebensrealitäten heraus am besten, was ihnen das Leben leichter machen könnte. Civic Coding schafft durch Formate wie hier auf der re:publica eine Plattform, damit technisches Know-how und konkreter Bedarf zusammenfinden.

Lilian Tschan, Staatssekretärin im BMAS auf dem Panel „Civic Coding cares – Innovationspolitik im Sinne des Gemeinwohls“

In der STATION Berlin diskutierten hochkarätige Panelist*innen aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft angeregt über aktuelle Themen aus den Schnittstellen von sozialer Technikgestaltung, Daten, Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz. Neben Bundesumweltministerin Steffi Lemke (BMUV), Staatssekretärinnen Dr. Christiane Rohleder (BMUV) und Lilian Tschan (BMAS), sowie Abteilungsleiter Marc Nellen (BMFSFJ) waren unter anderem auch Wikimedia, die Open Knowledge Foundation, die Gesellschaft für Freiheitsrechte oder der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband mit dabei.

Mit dem DigitalPakt Alter bedienen wir zwei Hebel, um Menschen den Zugang zu digitaler Teilhabe zu ermöglichen: Den Nutzen von digitalen Anwendungen aufzuzeigen und Unterstützung zu bieten.

Susanne Wein (BMFSFJ) auf dem Panel „Selbstbestimmtes Leben im Alter – Welche Potenziale bieten Daten und wie können wir sie nutzen?“

Du möchtest mehr über die Panels erfahren? Hier findest du alle Infos zu den einzelnen Programmpunkten:

  • Um 10 Uhr eröffnete Moderatorin Christiane Stein das Civic Coding-Programm auf der re:publica und begrüßte Staatssekretärin Dr. Christiane Rohleder (BMUV), Jutta Gurkmann (vzbv), Svea Windwehr (Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V., Center for user rights) und Prof. Dr. Philipp Hacker (European New School of Digital Studies (ENS) der Europa-Universität Viadrina) auf der Bühne. Das Thema der ersten Diskussionsrunde war die Rechtsdurchsetzung des vor wenigen Tagen in Kraft getretenen AI Act und des bereits geltenden Digital Services Act (DSA). Wie die Zivilgesellschaft dazu beitragen kann, die neue EU KI-Verordnung durchzusetzen, wurde hier vor allem aus verbraucherschutzrechtlicher Perspektive diskutiert.

    Die Panelist*innen waren sich in vielen Punkten einig – etwa dazu, dass es jetzt wichtig sei, die neuen Vorschriften im Interesse der Verbraucher*innen durchzusetzen. „Es kommt jetzt darauf an, die Gesetze mit Leben zu füllen. Dafür sind die Behörden wichtig, aber auch die Zivilgesellschaft muss eingebunden werden. Standards und Normen werden entscheiden, wie das Gesetz in die Praxis umgesetzt wird“, so Dr. Rohleder.

  • Staatssekretärin Lilian Tschan (BMAS), Staatssekretärin Dr. Christiane Rohleder (BMUV), Abteilungsleiter Marc Nellen (BMFSFJ) sowie der Geschäftsführer des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes, Andreas Bethke, diskutierten im zweiten Panel über die Rolle der Zivilgesellschaft bei der Gestaltung der Innovationspolitik im Sinne des Gemeinwohls. Im Fokus stand die Befähigung und Stärkung der Zivilgesellschaft vor dem Hintergrund der aktuellen regulatorischen Vorgaben der KI-Verordnung, konkret: Wie können zivilgesellschaftliche Akteur*innen stärker in technologische Innovationsprozesse eingebunden werden, um so die soziale Technikgestaltung zu fördern?

    Genau dafür sei die Initiative Civic Coding ins Leben gerufen worden, so Lilian Tschan. Civic Coding schafft durch Formate wie auf der re:publica eine Plattform, damit technisches Know-how und konkreter Bedarf zusammenfinden. Marc Nellen erklärte, wie zentral dabei der Bottom up-Ansatz sei, der dafür sorge, dass Ideen direkt aus der Gesellschaft kommen und viele unterschiedliche Bedarfe berücksichtigt werden. Andreas Bethke brachte ein, dass vor allem die Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine immer mitzudenken seien, sodass alle Anwender*innengruppen mitgenommen werden, auch Menschen mit Behinderungen. Marc Nellen betonte weiterhin, dass KI nicht nur dem Markt überlassen werden dürfe. Wichtig sei ein stetiger Dialog zwischen Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Zivilgesellschaft – und die Bereitschaft, ergebnisoffen voneinander zu lernen, ergänzten Lilian Tschan und Christiane Rohleder.

  • Ab 13:00 Uhr diskutierten Nora Perseke (Civic Data Lab) mit Susanne Wein (BMFSFJ) und Johannes Landstorfer (Deutscher Caritasverband) über die Möglichkeiten neuer datenbasierter Technologien, Lücken in der Altenpflege zu schließen. Ganz konkret ging es etwa um die Frage, wie Künstliche Intelligenz und transparente Datennutzung dabei helfen können, dass Menschen gerade in der 3. und 4. Lebensphase länger in ihren privaten Wohnumgebungen leben und unabhängig von stationärer Pflege bleiben können.

    Die Speaker*innen nannten zahlreiche KI-Lösungen für verschiedene Einsatzbereiche, die das Wohnen, die Sicherheit, Gesundheit und Selbstständigkeit älterer Menschen verbessern und fördern können – darunter beispielsweise Smart Speaker, die an Ereignisse und Aufgaben erinnern und die Kommunikation erleichtern, oder Sturzassistenten, die dabei helfen, im Notfall handlungsfähig zu bleiben. Susanne Wein hob hervor: „Menschen, egal welchen Alters, haben eigentlich den Wunsch, lange selbstständig und gesund zu Hause zu wohnen. Dabei bergen Technik und KI große Potenziale“. Diese müssten aber von der Zielgruppe auch angenommen und genutzt werden. Um den Menschen Zugang zu digitaler Teilhabe zu ermöglichen, müsse ihnen der Nutzen klar sein, damit sie erste Erfahrungen damit machen: „Der Köder muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler. Das heißt, wir fördern digitale Erfahrungsorte in Deutschland, die von Ehrenamtlichen getragen werden. Die Zivilgesellschaft ist hier nicht wegzudenken“, so Wein.

  • Wer kümmert sich eigentlich um die Pflege von freier Software, das Schreiben von Dokumentation, den Aufbau und die Bereinigung von Datensätzen – also das technische Fundament für gemeinwohlorientierte KI? Und wie und von wem kann diese Care-Arbeit unterstützt werden? Darüber sprachen Franziska Heine (Wikimedia), Anika Krellmann (KGSt) Jürgen Geuter aka tante (Informatiker und freier Wissenschaftler), sowie Anna Kassautzki (stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses Digitales) im vierten Panel.

    Die Entwicklung neuer KI-Modelle und Funktionen ist in aller Munde, das sei aber nicht alles, was es für eine soziale, nachhaltige und partizipative digitale Gesellschaft brauche, so Geuter. Auf dem Panel wurde deutlich, dass Software Maintenance, also die Pflege, Aktualisierung und Optimierung von bestehendem Code und den verwendeten Daten und Datenbanken, kritischer digitaler Infrastrukturen meist ehrenamtlich geleistet werden muss und damit oft untergeht und. Die Speaker*innen waren sich einig, dass dieser Bereich mehr wertgeschätzt werden müsse: „Das digitale Ehrenamt ist genauso wichtig für die Demokratie wie das analoge Ehrenamt. Die Demokratie gibt es nicht für lau, da müssen wir alle dran arbeiten“, so Heine. Diskutiert wurde, wie diese Arbeit besser gestärkt und gewürdigt werden kann.

  • Zum Abschluss kamen ab 16:30 Uhr Steffi Lemke (BMUV) und Henriette Litta (Open Knowledge Foundation) auf die Bühne und diskutierten übergeordnete Fragen für die zukünftige Gestaltung und Umsetzung von KI für das Gemeinwohl: Was ist eigentlich die politische Vision von gemeinwohlorientierter KI? Und wie schaffen wir es, dass Gemeinwohl nicht nur ein nachgelagerter Gedanke ist, sondern im Zentrum der Digitalpolitik steht?

    Bundesministerin Lemke ist der Ansicht, dass Künstliche Intelligenz und Gemeinwohl nur zusammengehen, wenn sich die Zivilgesellschaft einmische. Das könnten weder Unternehmen noch Politik allein leisten. Umso wichtiger sei, dass die Menschen sich beim Thema Künstliche Intelligenz und Technologieentwicklung engagieren und aktiv einbringen: „Bei KI wurde so früh wie noch bei keiner Technologie ein Ruf nach Gemeinwohl und Nachhaltigkeit aus der Zivilgesellschaft laut. Dieser Akt der Selbstermächtigung muss unbedingt weiter erfolgen.“

    Litta wies darauf hin, dass gemeinwohlorientierte KI nicht dazu diene, Prozesse in der Gesellschaft schneller und innovativer zu machen, sondern vielmehr gerechter, partizipativer und inklusiver. Es müsse dahin geschaut werden, wo der Markt versage, wo marginalisierte und diskriminierte Gruppen noch nicht mitgenommen werden. Sie forderte: „Wir als Zivilgesellschaft können und wollen noch viel stärker sein. Wir brauchen Akteur*innen, die lauter werden und immer wieder für das Gemeinwohl mahnen.“

Bei KI wurde so früh wie noch bei keiner Technologie ein Ruf nach Gemeinwohl und Nachhaltigkeit aus der Zivilgesellschaft laut. Dieser Akt der Selbstermächtigung muss unbedingt weiter erfolgen.

Bundesministerin Steffi Lemke (BMUV) auf dem Panel „Wie kann KI dem Gemeinwohl dienen?“

Darüber hinaus fand auf der re:publica 2024 ein viermonatiger co-kreativer Innovationsprozess seinen Abschluss: Die 15 Gewinner*innen-Teams des Civic Coding-InnovationCamps konnten das Publikum mit ihren Prototypen aus den Themenbereichen Bildung und Teilhabe sowie Umwelt und Flächennutzung begeistern. Jacob Beautemps, der auf seinem YouTube-Kanal BREAKING LAB wissenschaftliche Themen einfach vermittelt, moderierte die Pitches. Bei den anschließenden Gallery Walks kamen die Gäste der re:publica mit den Projektteams ins Gespräch und konnten die Prototypen testen.

Allen, die eine gemeinwohlorientierte Idee haben, die sich mit KI verwirklichen lässt, kann ich die Civic Coding-Angebote nur empfehlen. Neben kompetenter Unterstützung trifft man auf viele tolle Menschen mit großartigen Projekten. Für uns ein echter Gewinn.

Woldemar Metzler, Gewinner des Civic Coding-InnovationCamps

Auch der Bayrische Rundfunk hat Civic Coding im Atrium besucht. Den gesamten Videobeitrag findest du in der ARD-Mediathek

In der Civic Coding-Lounge klang der Abend schließlich mit guten Gesprächen und ausgelassener Stimmung aus. Genau der richtige Ort für das D64-Project-Meetup, bei dem D64 den Besucher*innen der re:publica seinen „Code of Conduct Demokratische KI” vorstellte. Ziel ist es, ihn in den nächsten Monaten gemeinsam zu erarbeiten.

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