Dass KI gezielt zur Förderung von Diversität eingesetzt werden kann, zeigt beispielsweise das Projekt „KIDD – KI im Dienste der Diversität“.
Durch ihre Arbeit in diesem Projekt ist Annette von Wedel mit zahlreichen Unternehmen in Kontakt. Sie beobachtet, dass viele Arbeitgeber*innen die Relevanz des Themas Diversität insbesondere als entscheidenden Aspekt von Arbeitgeber*innenattraktivität in Zeiten des Fachkräftemangels verstanden haben. Allerdings fehlen vor allem in kleinen, eher traditionell geführten Unternehmen häufig noch die Ressourcen dafür, während größere Unternehmen über mehr Möglichkeiten verfügen, Personal und Geld zu investieren.
„KIDD“ unterstützt Unternehmen dabei, Digitalisierungsprozesse wie die Einführung von KI-Anwendungen transparent, partizipativ sowie unter Berücksichtigung von Diversitätsaspekten zu gestalten und Ungleichheiten zu identifizieren.
Der KIDD-Prozess ist strukturiert wie ein Softwareentwicklungs- oder -einführungsprozess. Zusätzliche Prozessschritte kommen hinzu und werden vom sogenannten „Panel der Vielfalt“, das Teil des Projekts ist, geleitet. Dieses Gremium setzt sich aus unterschiedlichen Stakeholder*innen der Organisation zusammen. Darunter sind nicht nur Expert*innen, sondern auch Personen, die mit der Anwendung arbeiten müssen. Im Panel der Vielfalt können Menschen eingebunden werden, die sonst nie an Entscheidungsprozessen hierarchischer Organisationen beteiligt sind. Die Einbindung eines solchen Gremiums sei ein massiver kultureller Impuls, der zwar Zeit kostet und zu herausfordernden Fragen führen kann, wodurch aber auch blinde Flecken und potenzielle Diskriminierung frühzeitig erkannt werden können.
In einem iterativen und partizipativen Prozess wird dem Panel der Vielfalt zunächst Wissen über KI vermittelt und eine Sensibilisierung für ethische Fragen geschaffen. Es wird eine Matrix mit Vielfaltsperspektiven erstellt, die neben Alter und Geschlecht auch Aspekte wie Dauer der Firmenzugehörigkeit oder Position einbeziehen. In diesem Prozess kam es teilweise auch zur Erkenntnis, dass das Unternehmen noch nicht sehr divers aufgestellt ist oder es keine Diversitätsstrategie gibt.
Der Prozess wurde an vier Unternehmen getestet. Eines war eine Beratungsgesellschaft, die ein Tool für das Matching von Beratungsteams einführen wollte, um mithilfe von KI passende Teams für Kund*innenanfragen zusammenzustellen. Ein solches Tool ist mit Chancen und Risiken verbunden und das Panel der Vielfalt sollte Hoffnungen und Befürchtungen formulieren. „Je vielfältiger das Gremium ist, umso unterschiedlichere Perspektiven werden sichtbar“, berichtete von Wedel. Auf Grundlage der Ergebnisse des Gremiums, die im Unternehmen diskutiert wurden, erfolgten dann entsprechende Anpassungen der Anwendung.
In einem anderen Unternehmen ging es um die Einführung einer Software für den Vertrieb, wofür ursprünglich der Einsatz einer KI geplant war. Doch durch die Diskussion im Panel der Vielfalt stellte sich heraus, dass eine „normale“ Software für ihre Zwecke ausreicht. Wenn sich auf diese Weise herausfinden lässt, dass eine Software für die jeweilige Anforderung nicht geeignet ist, steigt auch das Vertrauen in die letztendlich eingesetzte Anwendung.
Bei allen Unternehmen führte der Prozess zu teil schwerwiegenden Veränderungen, doch am Ende stand stets große Zufriedenheit, wie von Wedel deutlich machte.