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Wann hilft Künstliche Intelligenz wirklich? Und wie kann sie sinnvoll in gemeinwohlorientierten Organisationen eingesetzt werden? Mit MISSION KI veranstalteten wir am 24. Juni ein gemeinsames Civic Coding-Forum zum Thema „KI im Einsatz für das Gemeinwohl“ im IQZ Berlin. Mit dabei waren Speaker*innen von MISSION KI, dem Deutschen Caritasverband und der Bertelsmann Stiftung. Wir teilen die wichtigsten Learnings mit dir.
Gemeinsam mit MISSION KI wollten wir in unserem Civic Coding-Forum am 24. Juni 2025 im Innovations- und Qualitätszentrum (IQZ) in Berlin einer zentralen Frage auf den Grund gehen. Wie kann Künstliche Intelligenz sinnvoll im Sinne des Gemeinwohls eingesetzt werden? Drei starke Stimmen aus der Praxis gaben Antworten: Unsere Speaker*innen, Marije Weber von MISSION KI, Matthias Hild vom Deutschen Caritas-Verband und Julia Gundlach, selbstständige Beraterin und ehemalige Projektleitung von reframe[Tech] bei der Bertelsmann Stiftung, teilten Herangehensweisen, Hilfestellungen und Anwendungsbeispiele aus der Praxis. Ihre Vorträge zeigten, dass es trotz nicht unerheblicher Herausforderungen gangbare Wege gibt – und diese lassen sich gemeinsam beschreiten.
Auch wenn die Aufmerksamkeit rund um KI aktuell groß ist – ihr Einsatz in gemeinnützigen Organisationen ist nach wie vor die Ausnahme. Marije Weber berichtete, dass laut einer aktuellen Studie der OTH Regensburg nur etwa 15 % der Organisationen regelmäßig KI für ihre Organisation nutzen. Und das, obwohl drei Viertel der Befragten erwarten, dass KI künftig eine größere Rolle in ihrer Arbeit spielen wird.
Warum klafft eine solche Lücke zwischen Potenzial und Praxis? Immer wieder zeigen sich drei Faktoren, die den Alltag der Organisationen widerspiegeln:
In der Civic Coding-Kurzstudie „Gemeinwohlorientierte KI: Ist die Zivilgesellschaft ‚AI-ready‘?“ haben wir untersucht, wie es um die KI-Mündigkeit der Zivilgesellschaft steht. Lade sie jetzt herunter und erfahre, vor welchen Herausforderungen die Zivilgesellschaft steht und wie sie befähigt werden kann, KI-Anwendungen bedarfs- und wirkungsorientiert einzusetzen.
Was hat ein Hammer mit KI zu tun? Beide sind mächtige Werkzeuge, aber nicht immer für jede Aufgabe geeignet. Julia Gundlach wählte in ihrem Vortrag das Bild des Hammers, um zu verdeutlichen, dass KI, vergleichbar dem Hammer, nur ein Werkzeug unter vielen und auch nicht immer das richtige ist. Denn nicht jedes Problem ist ein Nagel, nur weil man gerade einen Hammer in der Hand hält. Die erste Überlegung sollte immer lauten: Was ist das Problem, das wir lösen wollen? Und erst dann: Könnte KI dabei helfen?
Statt von der Technik aus zu denken, empfehlen die Speaker*innen, sich in die Menschen hineinzuversetzen, für die die Lösung gedacht ist. Welche Herausforderungen erleben sie? Welche Aufgaben sind wiederkehrend, mühsam und womöglich automatisierbar? Bei der Caritas etwa stellte sich beispielsweise heraus: Sozialarbeiter*innen verbringen viel Zeit mit dem Beantworten immer gleicher Fragen – eine Aufgabe, die sich gut durch KI unterstützen lässt.
Anschließend kann ein Ideen-Trichter bei der Auswahl des richtigen Anwendungsfalls helfen. Ausgangspunkt ist bei diesem Vorgehen eine breite Ideensammlung, etwa ausgehend von Gesprächen, Beobachtungen oder Trends. Dann werden die Ideen konkretisiert, der Datenbedarf und die Risiken eingeschätzt und nach Wirkung sowie Umsetzbarkeit priorisiert. Die Ideen mit hohem Nutzen und überschaubarem Umsetzungsaufwand bieten sich für den Einstieg besonders an.
„KI ist nicht immer das richtige Werkzeug. Meine Lieblingsanalogie dafür ist der Hammer: Das Allererste, wenn man Schlagzeilen liest, wo groß Künstliche Intelligenz beschrieben wird, zum Beispiel ‚KI revolutioniert den Arbeitsmarkt‘, immer einmal ‚Hammer‘ statt ‚KI‘' einsetzen und sich fragen, ob der Satz noch Sinn ergibt. Wenn nicht, ist es ein Hype.“
Julia Gundlach, Moderatorin und Coach
KI-Anwendungen werden nicht im luftleeren Raum wirksam – sie müssen zur Organisation und den Menschen darin passen. Deshalb ist es entscheidend, von Anfang an alle Beteiligten einzubinden: Fachabteilungen, Führungsebene und natürlich die Menschen, die mit der Lösung später arbeiten werden.
Die Tech-Welt und die Arbeitsrealität von beispielsweise Sozialarbeiter*innen zusammenzubringen, ist nicht immer leicht. Gerade im sozialen Bereich begegnen viele Mitarbeiter*innen, deren Motivation häufig mit dem Satz „Ich bin doch hier, um mit Menschen zu arbeiten“ zusammengefasst werden kann, KI mit Skepsis. Bei vielen schwingt zudem die unterschwellige Angst mit, durch eine KI ersetzt zu werden. Hier kann es helfen, gemeinsam, auf Augenhöhe und sehr individuell neue Narrative zu erarbeiten. KI ist nicht dazu da, Menschen zu ersetzen, sondern sie zu entlasten, damit sie sich auf das konzentrieren können, was für sie wirklich zählt.
Natürlich gilt ebenfalls: Keine KI ohne Daten. Viele Organisationen haben allerdings Schwierigkeiten, passende Daten zu finden oder zu verarbeiten. Hier braucht es Unterstützung beim Kompetenzaufbau – und einen nüchternen Blick auf Datenschutz, Transparenz und technische Risiken. Wer mit sensiblen Daten arbeitet, muss auch deren Schutz mitdenken, beispielsweise durch sichere Datenhaltung, klare Rollen und kontinuierliche Kontrollen.
Alle Speaker*innen betonten eins: Bei der Einführung und Nutzung von KI gibt es nicht den einen perfekten Plan, und es ist erlaubt, bei der Umsetzung auch Fehler zu machen. Viel wichtiger ist ein pragmatischer Start – zum Beispiel mit No-Code-Tools oder bereits verfügbaren Anwendungen. Wer experimentiert, lernt schneller und senkt die Einstiegshürden. Dabei helfen auch externe Unterstützungsangebote wie die Civic Coding-Projektberatung oder die Datensprechstunde im Civic Data Lab. Ebenso wichtig ist der Austausch mit anderen. Viele Organisationen sind bereit, ihre Erfahrungen zu teilen. Plattformen wie der KI-Kompass inklusiv, die Caritas-Projektsammlung oder die Civic Coding-Projektlandkarte zeigen, wie vielfältig Lösungen im Einsatz aussehen können.
Idealerweise können Schritt für Schritt KI-Kompetenzen in der eigenen Organisation aufgebaut werden, zum Beispiel auch durch Online-Angebote wie unser Video-Lernreihe Fit4KI. Denn wer intern Know-how aufbaut, wird unabhängiger und kann Projekte nachhaltiger umsetzen. Lösungen einzukaufen kann ebenfalls eine Möglichkeit sein, ist aber nicht in allen Anwendungsfällen ratsam. Auch an dieser Stelle sind Kollaboration und gegenseitiger Austausch also essenziell.
„Caritas.next ist schon ein Teil der Antwort, das ist nämlich der Inhouse-Ansatz: Ressourcen reinholen, Kapazitäten und Kompetenzen inhouse aufbauen und dadurch auch verhindern, dass projektbasierte Beratungen angeheuert werden, nach dem Projekt wieder gehen und Wissen mit sich nehmen.“
Matthias Hild, Deutscher Caritasverband
Matthias Hild schilderte ein Praxisbeispiel aus dem Kontext des Caritas-Verbands. Eine digitale Informationsplattform für Leistungsansprüche der Caritas Köln (das-steht-dir-zu) erreichte mit über 100.000 Zugriffen pro Monat eine große Reichweite. Allerdings ging damit auch eine unerwartete Belastung einher. Die angegebene E-Mail-Adresse einer Sozialarbeiterin wurde zur Anlaufstelle für hunderte wiederkehrende Anfragen. Hier kam das Team von caritas.next, der Digitalisierungseinheit des Verbands, ins Spiel. Denn wäre das nicht eine Aufgabe für einen KI-Chatbot?
Das Team analysierte die Situation systematisch anhand der Frage „Make or Buy?“: Würden sie eine eigene Lösung entwickeln oder eine vorhandene Lösung einkaufen? Kriterien hierfür waren beispielsweise die prognostizierte Wirkung vor Ort, die Skalier- und Finanzierbarkeit sowie das strategische Potenzial für die Organisation. Schließlich entschied sich das Team dafür, eine eigene Lösung in Form eines KI-gestützten Chatbots unter Nutzung von Retrieval Augmented Generation (RAG) zu entwickeln, der häufig gestellte Fragen automatisiert beantworten kann.
Hierfür kooperieren sie auf mehreren Ebenen. caritas.next übernimmt die Moderation des Gesamtprozesses, verantwortet das Produktmanagement sowie Fragen der Nutzer*innenzentrierung und Skalierung. Der Diözesan-Caritasverband Köln stellt nicht nur die Projektidee, sondern auch Mittel und Ressourcen bereit und koordiniert die fachliche Redaktion des Chatbots. Auf Ortsebene begleiten Berater*innen aus verschiedenen Caritasverbänden die Entwicklung, testen die Anwendung im Praxiseinsatz und liefern wertvolles Feedback. Die technische Umsetzung erfolgt durch die Datenentwicklerinnen der scieneers GmbH, die mit ihrem Projekt Staatklar ein ähnliches Problem lösen und außerdem bereits Teil des Civic Coding-Accelerators waren. Somit zeigte das Praxisbeispiel, dass eine gründliche „Phase Null“, Nutzerzentrierung und Kollaboration wichtige Schlüssel zum Erfolg sind.
„Ich bin überzeugt, die meisten sozialen und gemeinnützigen Organisationen, die eine Anwendung entwickelt haben, sind absolut offen und begeistert, ihre Erfahrung zu teilen, und darum sage ich: Lasst uns miteinander sprechen und voneinander lernen.“
Marije Weber, MISSION KI
In weiteren Civic Coding-Foren behandelten wir unter anderem Themen wie KI-Richtlinien, Fehlerkultur bei der Entwicklung von KI-Projekten und User-Testing. Klingt spannend? Dann stöbere in unseren Nachberichten und erfahre mehr über die wichtigsten Erkenntnisse.
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