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Von der Idee zur Umsetzung | Civic Coding-Forum - Civic Coding – Innovationsnetz KI für das Gemeinwohl

Unser Nachbericht zur zweiten Ausgabe der virtuellen Veranstaltungsreihe Civic Coding-Forum

Wie sehen die nächsten Schritte nach der Ideenfindung für ein gemeinwohlorientiertes KI-Projekt aus und was ist wichtig für einen erfolgreichen Projektstart? Erfahrungsberichte und Ratschläge von Expert*innen gab es dazu am 15.11.2023 in unserem zweiten Civic Coding-Forum „Von der Idee zur Umsetzung – so setzt ihr euer KI-Projekt für das Gemeinwohl richtig auf“.  

In der von Nora Zupan von der Geschäftsstelle Civic Coding moderierten virtuellen Veranstaltung gaben Expert*innen Einblicke in die Anfangsphasen ihrer gemeinwohlorientierten KI-Projekte und teilten ihre Erfahrungen.

Diese Expert*innen diskutierten mit:   

  • Cristian Amaya, Mitgründer des Startups ConBotics, das robotisierte Werkzeuge für Fachkräfte in der Baubranche entwickelt, um sie von gesundheitlich belastenden Tätigkeiten zu entlasten,
  • Aljoscha Burchardt, Principal Researcher und stellvertretender Standortsprecher am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Berlin, sowie
  • Gabriele Dederer, Referentin des Projekts „Geisternetze“ des WWF Deutschland, das sich mit dem Wissenstransfer zum Suchen und Finden von verlorengegangenem Fischereigerät durch den Einsatz von Seitensichtsonar, sowie der Einbindung der Taucher*innen-Community mit Hilfe der App GhostDiver beschäftigt.

Von der Idee zum Projekt: Einblicke in die Start- und Pilotierungsphase

Am Anfang der Veranstaltung stellten die Expert*innen vor, wie sie auf die Ideen für ihre gemeinwohlorientierten KI-Anwendungen kamen und wie sie daraus ein Projekt entwickelten. So berichtete Cristian Amaya, wie er und seine beiden ConBotics-Mitgründer durch ihre vorherige Tätigkeit am Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik bereits Fachwissen über Robotik mitbrachten. Sie erkannten das Potenzial, mit einem Roboter einerseits dem Fachkräftemangel in der Baubranche entgegenzuwirken und andererseits körperliche Entlastung zu ermöglichen. Durch ein Start-up-Stipendium konnten sie zunächst ein erstes Funktionsmuster realisieren. Weitere Fördermittel des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sowie ein Preisgeld aus dem Ideenwettbewerbs der Civic Innovation Platform halfen ein erster Prototyp zu entwickeln, ihr Netzwerk auszubauen und schließlich eine GmbH zu gründen. Heute ist ConBotics ein Unternehmen mit 15 Mitarbeiter*innen.

„Mit der Unterstützung von KI können Roboter in dynamischen Umgebungen, wie z. B auf der Baustelle, autonom arbeiten. Dadurch können Prozesse effizienter gestaltet und Fachkräfte von körperlich anstrengenden Aufgaben entlastet werden.“

Cristian Amaya, Geschäftsführender Gesellschafter der ConBotics GmbH

Sogenannte „Geisternetze”, also verlorenes Fischereigerät, stellen eine große Gefahr für Meeresbewohner dar und tragen zur Belastung der Meere mit Mikroplastik bei. Als Forschungstaucherin beschäftigte Gabriele Dederer das Thema schon lange. Seit 2016 arbeitet sie gemeinsam mit ihrer Kollegin Maren Lee im WWF-Projekt „Geisternetze” daran, wie sich solche Netze finden und bergen lassen. Im Forum erzählte Gabriele Dederer, wie sie ihre erste Idee wieder verwerfen musste, da sie in der Praxis nicht wie geplant funktionierte. Nur so kam sie schließlich auf die Sonartechnologie, die sie und ihr Team heute neben der App GhostDiver im Projekt einsetzen. 

„Wir glauben daran, dass die Gefahr, die von Geisternetzen ausgeht, mit gemeinschaftlicher Anstrengung und dem Einsatz modernster Technik und KI gebannt werden kann.“

Gabriele Dederer, Referentin Geisternetze, Biologin und Forschungstaucherin

Finanzierung, Zusammenarbeit und Validierung: Typische Hürden eines KI-Projekts

Als eine der größten Herausforderungen für gemeinwohlorientierte KI-Projekte benannte Cristian Amaya die Finanzierung. Für ihn und seine Mitgründer war es nicht leicht, die passenden Förder*innen zu finden, mit denen sie ihre Vision verfolgen konnten. Neben öffentlichen Fördermitteln waren schließlich auch Investoren aus der Privatwirtschaft entscheidend für den Projekterfolg. Amaya betonte daher, dass eine Zusammenarbeit mit Wirtschaftsunternehmen auch für ein gemeinwohlorientiertes Projekt hilfreich sein kann.

Gabriele Dederer berichtete, wie die Betreuung und kontinuierliche Aktualisierung der Software anfangs eine große Schwierigkeit für das Projektteam darstellten. Auch der Prototyp der GhostDiver-App war zu Beginn sehr komplex. In einem Design-Thinking-Workshop konnte er vereinfacht werden, indem auch Perspektiven von außen mit einbezogen wurden. Design Thinking ist eine kreative und systematische Methode, um komplexe Probleme zu lösen. Das Ziel ist es innovative Lösungen zu entwickeln, die sich an den Bedürfnissen der Nutzer*innen orientieren.

Rechtzeitig in den Austausch mit den zukünftigen Nutzer*innen zu gehen, z. B. Maler*innen bei ConBotics oder Taucher*innen für das Projekt Geisternetze, betonten beide Expert*innen als wichtiges Erfolgskriterium. Auch Dr. Aljoscha Burchardt sprach sich dafür aus, möglichst früh die Zielgruppen des Projekts einzubinden, um deren Kernbedürfnisse im Blick zu behalten.  

Ein gut funktionierendes Team, das flexibel und lösungsorientiert arbeitet, ist laut Cristian Amaya in der Anfangsphase eines Projektes entscheidend. Dabei sollte die gemeinwohlorientierte Vision immer im Mittelpunkt stehen, auch wenn Kompromisse und Anpassungen nötig sind. Dr. Aljoscha Burchardt ergänzte, dass die Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit im Team möglichst früh festgelegt werden sollten, vor allem wenn die Mitglieder aus unterschiedlichen Disziplinen kommen. 

Gabriele Dederer teilte ihre Erfahrung, wie wichtig es ist, zu erkennen, wann man seine Idee an andere Expert*innen weitergeben sollte, welche die entsprechenden Kompetenzen zur Umsetzung mitbringen. Wenn man diese ersten Hürden überwunden habe, sei vor allem Geduld und Durchhaltevermögen wichtig, so Cristian Amaya.

„Manchmal laufen die Dinge nicht so schnell, wie sie sollen. Deshalb muss man immer die Vision im Kopf behalten.“

Cristian Amaya, Geschäftsführender Gesellschafter der ConBotics GmbH

Gemeinwohlorientierte KI als Chance für die Zukunft

Am Ende der Veranstaltung warfen die Expert*innen einen Blick in die Zukunft. Sie waren sich einig, dass KI-Anwendungen Menschen nicht ersetzen werden. Vielmehr seien Projekte wie ConBotics und Geisternetze Beispiele für das große Gestaltungspotenzial von KI und dafür, wie die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine gelingen kann.

Um den Menschen die Angst vor KI zu nehmen, sei es wichtig, KI-Technologien greifbar zu machen und den Nutzen aufzuzeigen, so Dr. Aljoscha Burchardt. Wie die Projektbeispiele beweisen, können sie unsere Arbeit erleichtern, indem sie gezielt dort eingesetzt werden, wo Menschen stark belastet sind oder an ihre Grenzen stoßen. Vor allem in gemeinwohlorientierter KI sieht er großes Potenzial und ruft hier zu Mut und Kreativität auf: „Unser Ziel sollte es sein, gemeinwohlorientierte KI-Anwendungen so weiterzuentwickeln, dass Deutschland zur Weltmarktspitze auf diesem Feld gehört”, so Burchardts abschließendes Plädoyer.

„Nachdem nun oft über KI und Regulierung geredet wurde, freue ich mich, dass es hier jetzt an die Umsetzung gemeinwohlorientierter Projekte geht.“

Aljoscha Burchardt, Principal Researcher und stv. Standortsprecher am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz

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